Religion,Aberglaube,Übersinnliches

Auf Magie versteht man sich im Kaiserreich nicht. Astrologen und Astronomen, zwischen denen die Grenzen mehr als verschwommen sind, sind jedoch genauso gegenwärtig wie Alchemisten und Scharlatane. Magie im klassischen Sinne, wie man sie aus den Sagen und Geschichten den Alten Ländern oder aus den neuen Kolonien kennt, gibt es im Kaiserreich nicht. Wunderlichen Ereignissen wird im Allgemeinen eher ein religöser Hintergrund, derer es viele gibt, zugeschrieben. 

Die zahlreichen, verschiedenen Religionen stammen größtenteils noch aus der Zeit der ersten Siedler. So ist das Ceridentum genauso vertreten, wie die Anhänger der Heiligen Clara und Seeligen Lisbeth, welche die drei bedeutendsten Strömungen bilden. Religion ist im Allgemeinen eine sehr private und persönliche Angelegenheit. Auch wenn es diverse Kapellen, Tempel und sogar vereinzelte Klöster überall im Reich gibt, hat sich nie eine starke religiöse Institution etablieren können, sodass die Politik stets in weltlichen Händen blieb.

Aberglaube ist jedoch sehr weit verbreitet, vor allem in den ländlichen Gegenden. Die Neigungen der Bewohner mancher Reiche scheinen zwar unterschiedlich veranlagt zu sein, doch in einer Zeit, in der nichts gewiss ist, außer dem Fortbestand des Krieges, neigen die Menschen schneller dazu, Omen zu deuten und sich an allerlei Humbug zu klammern.

Doch nicht nur unter den Bauersleuten ist der Aberglaube weit verbreitet, nein auch die Söldner und Offiziere umgeben sich mit allerlei Ritualen und abergläubischen Traditionen. Wird zum Beispiel ein neues Fähnlein aufgestellt, wird dem Fähnrich im Beisein des Hauptmanns, des Lieutnants und der einfachen Soldaten die eingeschlagene Fahne vom Obristen überreicht und die Gruppe somit symbolisch wie moralisch auf diesen eingeschworen und verpflichtet. Generell ist das Banner ein Zentrum vieler solcher Riten. Dem Fähnrich ist es untersagt die Fahne aus den Augen zu lassen. Und wenn ihm in der Schlacht beide Arme abgeschlagen werden, so soll er es lieber mit dem Mund halten ehe er es fallen ließe. Ist in einem Fähnlein ein Missetäter so steckt der Fähnrich die Fahne verkehrt in den Boden und zieht sie nicht eher hervor, bis das Urteil gesprochen ist. Denn, so ist es Brauch, die Fahne darf über keinem Missetäter fliegen. Treueeide und Schwüre werden ebenfalls auf das Banner geschworen. Schiedssprüche und Urteile folgen ebenso Riten, die ihre angeblichen Ursprünge in den ersten Anfängen der großen Bürgerheere haben. So muss ein Verurteilter seine Kameraden davon frei sprechen, bevor sie an ihm das Urteil vollstrecken. Er muss weiters um Entschuldigung bitten Schande auf das Banner geladen zu haben. Entfernt sich jemand unerlaubt weiter als er die Fahne sehen kann, gilt dies als Fluchtversuch oder gar Fahnenflucht.

Gleichwohl ist aber das Banner ein Friedensstifter. Geloben die Soldaten den Treueeid auf das Banner, so verpflichten sie sich auch Zwist und allfälligen Streit ruhen zu lassen, bis sie entlassen werden. Wehe also wenn die Tage kürzer und kälter werden und sich das Kriegsjahr dem Ende zuneigt. Wird das Fähnlein im Spätherbst aufgelöst, bricht all der Zorn und Groll, der sich über das Jahr hin aufstauen konnte aus den Menschen hervor. Dann schlagen und balgen sie sich wie die Wilden, oft wegen Kleinigkeiten. So ist es nur gut und richtig, dass sie unterm Jahr durch das Banner zur Zucht gerufen werden.

Der Glaube an magisch aufgeladene schützende Talismane ist ebenfalls weit verbreitet. So ist es nicht unüblich, wenn auch offiziell verachtet,  gefaltete Briefe mit Schutzsprüchen unterm Hemd zu tragen, die Kugeln abprallen oder gar die feindliche Muskete, die auf einen gerichtet ist, unbrauchbar zu machen. Dies geht sogar soweit, dass manche Soldaten Hemden tragen, die beim Voll- oder Neumondnächten von Jungfrauen genäht wurden und mit ihrer angeblichen übernatürlichen Reinheit den Träger vor bösen Geistern oder Ungemacht schützen sollen. Dies wird jedoch von der gesamten Bevölkerung zumindest nach außen für Unsinn gehalten, wenn auch viele an solchem Abergläubischen festhalten. Und so haben auch die Söldner ihre Riten die ihnen den Krieg etwas erträglicher machen. 

Über nicht-menschliche Erscheinungen und Fabelwesen gibt es eine Menge Geschichten im Volksmund (wo man fest an derartige Wesenheiten glaubt), die auch die Höhergestellten zu faszinieren scheinen: Wissenschaftler, Schriftsteller und Forscher beschäftigen sich ausgiebig mit dem Thema, sodass es eine Vielzahl von alten Büchern in der kaiserlichen Bilbliothek zu Hofburg oder der Great Library of Lonchester zu diesen Themen gibt. Darin wird unter anderem von wunderschönen, großen, schlanken, und spitzohrigen menschenähnlichen Kreaturen berichtet, ebenso wie von gedrungenen, grün und schwarzhäutigen Bestien, oder kompakten Gnomen, die unter den Bergen leben und die gar wunderliche Kreation erschaffen haben. Gesehen hat diese aber zumindest im Kaiserreich noch niemand, sodass die Existenz dertartiger Wesen gerne angezweifelt wird. Dabei steht es für die meisten aber außer Frage, dass derartiges existiert - wenn nicht hier, dann anderswo, denn wer hat schon alle Winkel der Welt durchleuchtet?

 

OT-Info: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, das Religionsspiel den einzelnen Spielern zu überlassen und keinen Religionszwang auszuüben. Wer religiöses Konfliktspiel untereinander betreiben möchte, kann das natürlich gern tun. Dass der Lange Krieg im Gegensatz zum historischen 30jährigen Krieg kein konfessioneller Konflikt ist, ist aber eine bewusste Entscheidung. Das Ceridentum mit all seinen Ausprägungen würde sich sicherlich gut anbieten, doch haben wir eben bewusst darauf verzichtet, da das Thema Religionsspiel einfach mit zu vielen verschiedenen Ansichten und Kontroversen verbunden ist, als dass wir da alle unter einen Hut zwingen möchten.