Krieg & Konflikte

Will man im Kürnberger Kaisereich Krieg führen, so ist das in erster Linie eine finanzielle Angelegenheit. Abgesehen von der Garde der Adelshäuser und der kleinen Kaiserlichen Kompanie hat das Reich nämlich kein stehendes Heer.

Die Vorteile liegen auf der Hand, denn ist gerade kein Krieg zu führen, kann man die unermesslichen Kosten eines untätigen Heeres sparen. Zudem gilt der Grundsatz „hat man eine Armee, will man auch nicht, dass sie untätig ist“. In der Vergangenheit hat dieses Prinzip gut Funktioniert, denn bevor man sich in Unkosten gestürzt hat und eine Armee aus eigener Tasche bezahlt hat, hat man erst versucht einen Konflikt auch ohne Heer zu lösen. Durch den Ausbruch des Langen Krieges entstand aber ein neues Problem. Denn die Armeen waren -trotz ihrer schieren Zahl von zum Teil mehreren tausend Mann- einfach viel zu klein, als dass sie ganze Reiche erobern könnten.

Man stelle sich vor, ist eine Stadt oder ein Gebiet genommen, dann fehlt dem Sieger meist die Truppenstärke, für weitere Eroberungen. Denn will eine Stadt auch gehalten werden, müssen Besatzungstruppen zurückgelassen werden - von den oft großen Verlusten bei der Erstürmung ganz zu schweigen. Und da Heere ja aus Privatvermögen der einzelnen Adelshäuser finanziert werden, reicht das Geld selten für weitere Truppenaufstockungen. Das heißt, ist ein Gebiet erobert, steht ein anderes schlecht gesichert oder gar ganz frei und wird dann meist vom Gegner wieder zurückerobert. Und so ist es ein ewiges Hin und Her.

Im Kriegsfall beauftragen Adelshäuser ihre Generäle und Obristen mit dem Aufstellen eines Söldnerheeres und stellen ihnen die entsprechenden Geldmittel zur Verfügung. Diese schicken daraufhin Werber aus, um die Werbetrommel zu rühren und Söldner und niedere Offiziere anzuwerben, dabei wird zwischen Mann und Frau kein Unterschied gemacht, wenn auch letztere dennoch weitaus seltener in den Krieg ziehen (Kämpfe sind eine schlimme Sache und die meisten Frauen sind sehr froh über den Umstand, dass ihre typischen Arbeiten abseits des Schlachtfeldes sind und so ziehen nur die tollkühnsten oder verzweifeldsten in den Kampf). In manchen Gebieten, vornehmlich in ländlichen, reagiert man daher auf eine kämpfende Frau auch mit Verachtung oder zumindest Unverständnis . Es ist also neben dem Budget auch eine Frage des Charismas der Offiziere, wie viele Soldaten für ein Heer verfügbar sind. Ein General, der dafür bekannt ist, dass er nicht zahlt oder hochriskante Taktiken verfolgt, wird es schwerer haben, Söldner anzuwerben.

Da die Kriegsparteien zumeist zu wenig Geld zur Bezahlung der Söldnerheere aufbringen können, ist es eine gängige Methode, die neuen Söldner mit einem bei der Einschreibung ausgezahlten Handgeld zu ködern. Danach jedoch sieht es häufig mit weiterer Besoldung schlecht aus. Denn nach Durchlauf aller höheren Ränge bleibt für Söldner, den niedersten im Heer, meist kaum etwas, nachdem sich die Offiziere ihren Teil gesichert haben. Die Söldner sind jedoch durch ihren Eid auf das Banner zur Treue verpflichtet. Um aber dennoch Revolten zu vermeiden, hält man die Einfachen mit dem Versprechen auf Beute und Plünderung zusammen – was nur bei ausdrücklicher Erlaubnis der Generäle und Obristen erlaubt ist. Auf eigene Faust zu plündern, ist unter strenger Strafe verboten.

Freilich bringt das Volk einem Heereszug, der sich einem alles verzehrenden Wurm gleich durch das Land frisst, herzlich wenig Sympathie entgegen. Tatsächlich ist die Wut der Bauern nicht zu unterschätzen. Plünderung heißt immer Zerstörung, Gewalt und unbeschreibliche Gräueltaten. Obristen versuchen deshalb auch Plünderungen möglichst gering zu halten. Der Grund dafür ist aber weniger die Zivilisten zu schonen, sondern um die Infrastruktur der eroberten Städte und Gebiete nicht zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Eine eroberte aber zerstörte Stadt nützt niemanden etwas. Doch bleibt ihnen aufgrund des oft ausstehenden Soldes meist nichts anderes übrig, wollen sie Meutereien oder die schlichte Auflösung ihrer Armeen verhindern. Wird eine Stadt im Sturm genommen, so hat der Soldat nämlich sogar das volle Recht auf Plünderung: Drei Tage ist die Stadt dann den Söldnern ausgeliefert, während derer gebrandschatzt und geraubt wird, was nur im Entferntesten nützlich oder wertvoll erscheint. Über die unbeschreiblichen Gräueltaten, die an den Stadtbewohnern verübt werden, verliert man besser kein Wort.

Ein berühmter, lakonischer Ausspruch des kaiserlichen Generals Czernin v. Liebnitz hierzu lautet schlicht: „Der Krieg ernährt den Krieg.". Damit ist gemeint, dass die Bevölkerung für den Erhalt der Armee aufkommen muss, aber auch dass ein General zur Unterhaltung seiner Armee das Recht hat, zu furagieren. Er darf also im Namen des Reiches, seiner Meinung nach notwendiges Eigentum -in erster Linie Nahrung und Quartier- konfiszieren. Befindet sich eine Armee in feindlichem Gebiet, geschieht dies naturgemäß entsprechend öfter und zügelloser. Aber wehe dem Soldaten, der sich plötzlich allein einer Reihe aufgebrachter Bauern gegenüber findet…

Der Söldner selbst ist ein mehr oder weniger gut ausgebildeter Soldat auf Zeit. Er wird nur für das Kriegsjahr bezahlt, welches vom Frühling bis Herbst geht. Dadurch verschieben sich Stärken der Armeen mitunter jährlich. Denn im Winter, wenn Kämpfe nicht möglich sind, werden die Söldner entlassen, um Geld zu sparen. Das ist für die Landbevölkerung eine unangenehme Sache, denn die (zum Teil auch während des Kriegsjahres) unbezahlten Söldner müssen schließlich auch im Winter von etwas leben, und so ist es Gang und Gebe, dass sich manche zu Banden zusammenschließen und sich einfach nehmen, was sie brauchen (oder zu brauchen meinen), auch gern mit unnötiger und übertriebener Gewalt. Der Großteil von ihnen nimmt jedoch häufig einfache Hilfsarbeiten an, um über die Runden zu kommen.

Patriotismus ist dabei des Söldners Sache selten: Er kämpft im Allgemeinen für das Geld und das pure Überleben. So ist es keine Seltenheit, dass sich Leute eines Reiches in den Heeren verfeindeter Generäle gegenüber stehen (was auch zum Teil dem alljährlichen Anwerben geschuldet ist), denn den einfachen Leuten ist es schlicht egal, wen sie erschießen oder abstechen, solange sie nicht selbst dran glauben müssen. Nur die wenigsten können sich Idealismus leisten, außer den paar schrägen Vögeln, die im allgemeinen Elend ihren letzten Trost darin suchen. Und dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, ist das Soldatenleben für viele der einzige Ausweg. So finden sich nach wie vor stets genug arme Hunde, die sich zum Kriegsdienst melden. Und deshalb ist es auch trotz schlecht oder gar nicht ausgezahltem Sold, immer wieder möglich Heere auszuheben, sodass der Krieg jedes Frühjahr aufs Neue beginnen kann. Und die größten Leidtragenden in dem ganzen Wirr sind die Landbauern, die sich den immer wiederkehrenden Armeen, die das Land durchstreifen, nicht erwehren können.